Rechtsdurchsetzung: Welche Möglichkeiten stehen mir zur Verfügung?

Eine außergerichtliche Streitbeilegung lässt sich oft völlig kostenlos mithilfe von Schlichtung erzielen.

Schlichtungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle haben den Vorteil, dass sie für Verbraucher kostenlos sind und die Verjährung gehemmt wird.

Auch wenn das Schlichtungsverfahren nicht zum Ziel führt, kann man im Anschluss immer noch klagen.

Erfahren Sie, welche Möglichkeiten Ihnen als Verbraucher oder Unternehmer im Rahmen der individuellen und kollektiven Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehen.

Das deutsche Mahnverfahren

Ein ärgerlicher Klassiker: Auf Ihre Online-Bestellung hin wird die Ware nicht geliefert und auch nach Widerruf wird Ihnen der bereits gezahlte Betrag nicht erstattet.

Immer dann, wenn Ihnen eine Geldforderung zusteht und Sie außergerichtlich nicht mehr weiterkommen, können Sie per gerichtlichem Mahnverfahren einen Geldbetrag fordern, ohne gleich einen Prozess führen zu müssen.

Es kann sich lohnen, bei Zahlungsverzug ein gerichtliches Mahnverfahren zu erwägen.

Schnell an sein Geld kommen: das gerichtliche Mahnverfahren

Das Mahnverfahren ist eine gute Alternative zu einem streitigen Gerichtsverfahren.

Wichtige Voraussetzung: Sie fordern von dem Antragsgegner die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags in Euro.

Im Gegensatz zum Gerichtsverfahren ist das Mahnverfahren schneller, kostengünstiger und einfacher.

Im Mahnverfahren brauchen Sie keinen Anwalt, der Antrag muss nicht begründet werden und die Mindestgebühr beträgt nur 38 Euro (vgl. § 34 GKG, Nr. 1100 KV GKG).

Gewinnen Sie das Verfahren, muss die Gegenseite auch diese Gebühr zurückzahlen.

Am Ende des Verfahrens erhalten Sie einen sogenannten vollstreckbaren Titel.

Damit können Sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen, der das Geld für Sie eintreibt.

FAQ: Häufige Fragen zum Mahnverfahren

Beim Mahnverfahren handelt es sich im Vergleich zum Klageverfahren um eine kostengünstigere Alternative.

Vom Gericht wird nicht geprüft, ob die Forderung des Gläubigers zu Recht besteht.

Es werden auch keine Beweise erhoben. Sofern nicht mit Einwänden des Schuldners gerechnet wird, ist das gerichtliche Mahnverfahren der Klage vorzuziehen.

Wehrt sich ein Schuldner erwartungsgemäß nicht gegen den Mahnbescheid, hat der Gläubiger schnell und günstig einen sogenannten Titel erwirkt, mit dem er die Zwangsvollstreckung betreiben kann.

Sinnvoll ist das Mahnverfahren auch damit die Verjährung eines Anspruches gehemmt wird.

Nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB hemmt die Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren die Verjährung, sodass durch das Mahnverfahren eine drohende Verjährung abgewendet werden kann.

Letztlich kann das Mahnverfahren auch eine taktische Überlegung bei einem Schuldner sein, der bisher auf privatschriftliche Mahnungen nicht reagiert hat.

Ein Mahnbescheid kann auf Schuldner überzeugender wirken als vorherige Zahlungsaufforderungen und Mahnungen.

Zunächst müssen Sie einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids stellen.

Wichtig ist, dass Sie den Antragsgegner genau bezeichnen und die Adresse exakt angeben. Außerdem müssen Sie im Antrag den genauen Geldbetrag, den Sie fordern, nennen.

Denken Sie dabei auch an die Geltendmachung von Nebenforderungen, wenn Ihnen durch außergerichtliche Mahnungen bereits Kosten entstanden sind oder Sie Verzugszinsen geltend machen möchten.

Auch diese sollten Sie natürlich beweisen können, sollte es je zu einem Prozess kommen.

Beweismittel müssen Sie dem Antrag aber nicht beifügen. Diese würden im Mahnverfahren ohnehin nicht beachtet und ungeprüft an Sie zurückgesandt werden.

Angegeben werden kann auch, ob im Falle eines Widerspruchs des Schuldners gegen den Mahnbescheid ein Prozess eingeleitet werden soll und wenn ja wo.

Diese Angabe ist aber nicht zwingend - und unter mehreren Gesichtspunkten ist sie auch nicht unbedingt ratsam.

Wenn Sie keinen professionellen Rechtsrat einholen möchten, weil Sie eben ein Mahnverfahren betreiben wollen, ohne finanziell in nennenswerte Vorleistung zu gehen, kann es für Sie unter Umständen schwierig sein, das zuständige Prozessgericht zu benennen.

Meist wird dies ein anderes als das Mahngericht sein.

Den Antrag müssen Sie dann an das richtige Gericht adressieren. In den meisten Bundesländern gibt es ein zentrales Mahngericht, ansonsten ist das Amtsgericht am Sitz des Antragsstellers zuständig.

Nutzen Sie hierzu die Liste der zentralen Mahngerichte der Bundesländer.

Wenn der Antrag vollständig ist, wird das Gericht den Mahnbescheid erlassen und an den Antragsgegner weiterleiten.

Das Mahngericht prüft nicht, ob die Forderung Ihnen rechtlich zusteht.

Akzeptiert der Antragsgegner Ihre Forderung, so können Sie nach Ablauf von zwei Wochen, seitdem der Antragsgegner den Mahnbescheid erhalten hat, den Erlass eines Vollstreckungsbescheids beantragen.

Will sich der Antragsgegner gegen die Forderung wehren, kann er Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegen.

Dann kommt es zu einem Gerichtsverfahren.

Auch wenn das Mahnverfahren in vielen Fällen leicht durchführbar sein dürfte, sollten Sie professionellen Rechtsrat einholen.

Nachdem der Mahnbescheid dem Schuldner zugestellt wurde, erhalten Sie eine Zustellungsnachricht und einen Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids.

Die Verwendung dieses Vordrucks ist für die Antragstellung zwingend.

Am Tag nach der Zustellung an den Schuldner beginnt eine Zwei-Wochen-Frist zu laufen.

Danach sollten Sie prüfen, ob das eingeforderte Geld eingegangen ist.

Wenn dies nicht der Fall ist, können Sie den Vollstreckungsbescheid beantragen.

Beim Ausfüllen des Antrags kann Ihnen jedes Amtsgericht helfen.

Den Antrag müssen Sie übrigens spätestens sechs Monate nach Zustellung des Mahnbescheids stellen, ansonsten verfällt dieser.

Der Vollstreckungsbescheid ist der ganz oben angesprochene „vollstreckbare Titel“, also praktisch ein Urteil, mit dessen Vollstreckung Sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen können.

Wenden Sie sich hierfür an die Gerichtsvollzieher-Verteilungsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Wohn- oder Geschäftssitz hat.

Legt der Schuldner gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch ein, kann es noch zum Prozess kommen.

Aber auch hier gilt: Wenn Ihnen die Forderung eindeutig zusteht und die andere Seite weiß, dass Sie Ihre Forderung im Falle eines Falles auch beweisen könnten, ist dies recht unwahrscheinlich.

Für grenzüberschreitende Fälle gibt es zwei europäische Verfahren, um Forderungen schnell und einfach durchzusetzen.

Es handelt sich um das Europäische Mahnverfahren und das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen (Small Claims-Verfahren).

Diese Verfahren sind eine gute Alternative zum deutschen Mahnverfahren.

Rechtsdurchsetzung in Europa: Welche Möglichkeiten gibt es?

Ihr Vertragspartner ist in einem anderen Land der EU ansässig? Dann können Sie Ihre Rechte mithilfe des Europäischen Mahnverfahrens oder des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen gerichtlich geltend machen. 

Fühlen Sie sich durch die Handlung einer Behörde im EU-Ausland in Ihren Rechten verletzt, hilft SOLVIT als außergerichtlichen Ansprechpartner.

Das Europäische Mahnverfahren

Das Europäische Mahnverfahren (Europäischer Zahlungsbefehl, „European Payment Order“) ist ein vereinfachtes EU-Gerichtsverfahren für grenzüberschreitende Fälle.

Es kann nur durchgeführt werden, wenn Sie vom Antragsgegner die Zahlung eines Geldbetrags fordern.

Ihr Vorteil beim EU-Mahnverfahren: Sie brauchen keinen Anwalt.

Wenn Sie gewinnen, trägt der Beklagte Ihre Kosten. Für die Einleitung des Verfahrens benötigen Sie lediglich das vom Europäischen Justizportal angebotene Formblatt A.

Das Verfahren kommt für Sie infrage, wenn die beiden folgenden Punkte erfüllt sind:

1. Grenzüberschreitender Rechtsstreit:

Ihr Wohnsitz und / oder der Wohnsitz des Beklagten befindet sich in einem anderen EU-Mitgliedstaat (außer Dänemark) als das Gericht, bei dem Sie das Verfahren einleiten.

 

2. Zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit:

Typische zivilrechtliche Streitigkeiten sind:  

  • Sie fordern die Rückzahlung Ihrer Anzahlung nach einem Online-Kauf.
  • Sie fordern Schadensersatz wegen der Lieferung defekter Ware.
  • Sie fordern vom Kunden die Zahlung des Kaufpreises.

Bei einigen Streitigkeiten (z. B. bei Steuer-, Zoll-, Verwaltungs- und Unterhaltssachen) können Sie das EU-Mahnverfahren nicht anwenden.

Grundsätzlich gilt, dass Sie Ihren Antragsgegner in dem Staat verklagen müssen, in dem dieser wohnt.

Allerdings gibt es Ausnahmen.

Denn so können oder müssen Sie in vielen Fällen auch in Deutschland klagen, so zum Beispiel: 

  • Sie haben Ware über das Internet bestellt: Wenn der ausländische Händler eine deutsche Internetseite betreibt oder die Internetseite über eine deutsche oder internationale Domain, wie ".com", ".net" oder ".de" verfügt, können Sie auch in Deutschland Klage einreichen.
  • Sie fordern Geld von einer Airline: Wenn Sie eine europäische Airline verklagen, können Sie das Verfahren alternativ vor dem zuständigen Gericht des Staates einleiten, auf dessen Gebiet sich der Abflug- und der Ankunftsflughafen befinden.
  • Sie fordern Geld von Ihrem Vermieter: In diesem Fall sind ausschließlich die Gerichte in dem Staat zuständig, in dem sich die Immobilie befindet.
  • Sie fordern Geld von Ihrer ausländischen Versicherung: In diesem Fall können Sie die Versicherung auch in Deutschland verklagen.

 

Bedenken Sie: Wenn Sie das Europäische Mahnverfahren in Deutschland einleiten können und wollen, müssen Sie den Antrag beim Amtsgericht Berlin Wedding stellen.

Alle örtlich zuständigen Gerichte in der EU finden Sie über den europäischen Gerichtsatlas.

Dabei handelt sich um ein Musterformular, das Sie ausfüllen müssen, um das Mahnverfahren einleiten zu können.

 

Europäisches Mahnverfahren: Wo finde ich das Formblatt A?

Hier können Sie das Formblatt A für Ihren Antrag auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls erreichen.

 

In welcher Sprache muss das Formblatt A ausgefüllt werden? 

Das hängt davon ab, an welches Gericht Sie das Formular versenden.

Verwenden Sie die deutsche Version, wenn Sie an einem deutschen Gericht Klage einreichen.

Ist ein Gericht im Ausland zuständig, müssten Sie das Formular in der jeweiligen Landessprache ausfüllen.

 

Was muss in das Formblatt A eingetragen werden?  

  • Name und Anschrift des Gerichts,
  • Ihren Namen und Ihre Anschrift,
  • Name und Anschrift des Beklagten,
  • Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit,
  • Erläuterung des grenzüberschreitenden Bezugs,
  • Ihre Bankverbindung,
  • Konkretisierung Ihrer Zahlungsforderung (z. B. Kaufvertrag, Mietvertrag…),
  • Tragen Sie den Geldbetrag ein, den Sie von dem Antragsgegner fordern,
  • Ihre Kosten (Gerichtskosten etc.),
  • Beweismittel können, müssen aber nicht angegeben werden.

Ob und in welcher Höhe Gerichtskosten berechnet werden, regelt jeder EU-Staat für sich.

In Deutschland hängt die Höhe vom Streitwert ab.

Der Streitwert ist die Summe, die Sie von dem Beklagten fordern. In Deutschland werden mindestens 36 Euro berechnet.

Das Europäische Justizportal stellt Informationen über die Gerichtsgebühren bei der Nutzung des Europäischen Mahnverfahrens zur Verfügung.

Ihre gesamten Kosten können Sie unter Punkt 9 des Formulars A eintragen.

Hinweis: Sie beantragen die Erstattung Ihrer Kosten automatisch, in dem Sie mit dem Formblatt A das Verfahren einreichen.

Das Gericht prüft anhand Ihrer Angaben im Formular, ob die Voraussetzungen eines Europäischen Mahnverfahrens erfüllt sind.

Weiterhin wird geprüft, ob das Formular korrekt ausgefüllt wurde. In Deutschland macht diese Prüfung ein Rechtspfleger.

 

Das Formular wurde korrekt ausgefüllt

Sollte es nicht direkt ersichtlich sein, dass die Forderung unbegründet ist, wird das Gericht den Antragsgegner zur Zahlung auffordern.

Dies geschieht mittels eines Europäischen Zahlungsbefehls. Hierfür verwendet das Gericht das Formblatt E, das dem Antragsgegner zugestellt wird.

Der Antragsgegner hat daraufhin zwei Möglichkeiten:

  1. Er zahlt Ihnen den Geldbetrag, der im Zahlungsbefehl aufgeführt ist.
     
  2. Er legt innerhalb von 30 Tagen, nachdem er den Zahlungsbefehl erhalten hat, Einspruch ein.

 

Sollte der Antragsgegner Einspruch einlegen, wird Sie das Gericht hierüber und über die Folgen des Einspruchs informieren.

 

Das Formular wurde nicht richtig ausgefüllt

Das Gericht wird Sie unter anderem auffordern, das Formblatt zu vervollständigen oder zu korrigieren.

Hierfür verwendet das Gericht das Formblatt B.

Ihnen wird eine Frist gesetzt. Kommen Sie der Aufforderung nicht innerhalb dieser Frist nach, wird das Gericht Ihren Antrag zurückweisen.

 

Die Voraussetzungen für ein EU-Mahnverfahren sind nur für einen Teil der Forderung erfüllt

Möglicherweise sind die Voraussetzungen für ein Europäisches Mahnverfahren nur für einen Teil Ihrer Forderung erfüllt, zum Beispiel, weil ein von Ihnen geforderter Teilbetrag noch nicht fällig ist.

Dann wird Ihnen das Gericht anhand des Formblatts C vorschlagen, Ihren Antrag innerhalb einer bestimmten Frist zu ändern.

Kommen Sie dieser Aufforderung nicht nach, wird das Gericht Ihren Antrag zurückweisen.

Die Frist läuft ab und der Beklagte zahlt nicht? Dann können Sie Vollstreckungsmaßnahmen einleiten (z. B. Gerichtsvollzieher, Kontopfändung).

Sollte sich der Beklagte beim Gericht jedoch beschweren, dass ihm die Dokumente des Verfahrens nicht oder nicht rechtzeitig zugestellt wurden, wird dies vom Gericht geprüft.

Ist die Beschwerde begründet, kann der Zahlungsbefehl für nichtig erklärt werden.

In diesem Fall wird das Europäische Mahnverfahren in ein „herkömmliches“ Gerichtsverfahren übergeleitet.

Dabei handelt es sich dann um kein Europäisches Verfahren mehr.

Es gelten dann ausschließlich die Verfahrensregeln des Staates, in dem sich das Gericht befindet.

Tipp: Wenn Sie von Anfang an ausschließen wollen, dass nach einem Einspruch ein „herkömmliches“ Gerichtsverfahren durchgeführt wird, müssen Sie das schon beim Ausfüllen des Formblatts A beantragen, und zwar in der Anlage 2.

Das Verfahren für geringfügige Forderungen

Bagatellverfahren, Small Claims-Verfahren oder Verfahren für geringfügige Forderungen: viele Namen für eine neue Möglichkeit, Geldforderungen aber auch andere Ansprüche bis 5.000 Euro gegen einen Schuldner aus dem EU-Ausland kostengünstig einzuklagen.

Ihr Vorteil: Ein Anwalt ist nicht notwendig. Wenn Sie gewinnen, trägt der Beklagte Ihre Kosten.

Und für die Einleitung des Verfahrens benötigen Sie lediglich das vom Europäischen Justizportal zur Verfügung gestellte Formblatt A.

FAQ: Häufige Fragen zum Verfahren für geringfügige Forderungen

Bei einigen Streitigkeiten, zum Beispiel bei Steuer-, Zoll-, Verwaltungs- und Unterhaltssachen, können Sie das Verfahren anwenden.

Damit Sie das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen nutzen können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

 

1. Grenzüberschreitender Rechtsstreit

Ihr Wohnsitz und/oder der Wohnsitz des Beklagten befindet sich in einem anderen EU-Mitgliedstaat (außer Dänemark) als das Gericht, bei dem Sie das Verfahren einleiten.

 

2. Zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit

Typische zivilrechtliche Streitigkeiten sind:  

  • Sie fordern die Lieferung des bestellten und bezahlten, aber bislang nicht gelieferten Produkts.
  • Sie fordern die Reparatur oder den Austausch eines defekten Produkts.
  • Sie fordern die Rückzahlung Ihrer Anzahlung nach einem Online-Kauf.
  • Sie fordern Schadensersatz wegen der Lieferung defekter Ware.
  • Sie fordern vom Kunden die Zahlung des Kaufpreises.

Grundsätzlich gilt, dass Sie Ihren Antragsgegner in dem Staat verklagen müssen, in dem dieser wohnt. Es gibt allerdings Ausnahmen.

Bei diesen können Sie in vielen Fällen auch in Deutschland klagen, so zum Beispiel:

  • Sie haben Ware über das Internet bestellt: Wenn der ausländische Händler eine deutsche Internetseite betreibt oder die Internetseite über eine deutsche oder internationale Domain wie ".com", ".net" oder ".de" verfügt, können Sie auch am Amtsgericht Ihres Wohnortes Klage einreichen.
  • Sie fordern Geld von einer Airline: Wenn Sie eine europäische Airline verklagen, können Sie das Verfahren alternativ an dem zuständigen Gericht einleiten, in dessen Bezirk sich der Abflug- und der Ankunftsflughafen befinden.
  • Sie fordern Geld von Ihrem Vermieter: In diesem Fall ist ausschließlich das Gericht in dem Staat zuständig, in dessen Bezirk sich die Immobilie befindet.
  • Sie fordern Geld von Ihrer ausländischen Versicherung: In diesem Fall können Sie die Versicherung auch am Amtsgericht Ihres Wohnortes verklagen.

 

Alle örtlich zuständigen Gerichte in der EU finden Sie außerdem über den europäischen Gerichtsatlas.

Tipp: Das zuständige Amtsgericht Ihres Wohnortes finden Sie über das Justizportal des Bundes und der Länder.

Für das Verfahren sieht das Gesetz ein Formblatt A vor, das Sie ausfüllen müssen.

Hier können Sie das Formblatt A für geringfügige Forderungen erreichen.

Drucken Sie das ausgefüllte Formular aus und schicken Sie es unterschrieben und mit allen notwendigen Anhängen an das zuständige Gericht.

In das Formblatt A müssen Sie folgendes eintragen:

  • Name und Anschrift des Gerichts,
  • Ihren Namen und Ihre Anschrift,
  • Name und Anschrift des Beklagten,
  • Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit,
  • Erläuterung des grenzüberschreitenden Bezugs,
  • Ihre Bankverbindung,
  • genaue Angaben, was Sie vom Beklagten verlangen,
  • Sachverhaltsschilderung,
  • Beantragung Formblatt D (dies benötigen Sie bei einer eventuell notwendigen Vollstreckung des Urteils im EU-Ausland).

 

Wie Sie das Formblatt A ausfüllen, erklärt unser Video zum Verfahren Schritt für Schritt.

Das hängt davon ab, an welches Gericht Sie das Formular versenden.

Verwenden Sie die deutsche Version, wenn Sie an einem deutschen Gericht Klage einreichen.

Ist ein Gericht im Ausland zuständig, müssten Sie das Formular in der jeweiligen Landessprache ausfüllen.

Die Höhe der Gerichtsgebühren ist von Land zu Land unterschiedlich.

In Deutschland hängt die Höhe der Gerichtskosten von dem Streitwert ab.

Der Streitwert ist, wie viel Sie vom Beklagten fordern.

In Deutschland werden mindestens 105 Euro und höchstens 267 Euro berechnet.

Das Europäische Justizportal stellt Informationen über die Gerichtsgebühren bei der Nutzung des Small-Claims-Verfahrens zur Verfügung.

Tipp: Kreuzen Sie den Punkt 7.3.1 im Formular an. Damit fordern Sie die Erstattung der Verfahrenskosten vom Beklagten, sofern Sie den Prozess gewinnen.

Im Punkt 7.3.3. müssten Sie die Höhe der Kosten sowie den Begriff „Gerichtskosten“ eintragen.

Sollten Ihnen weitere Kosten entstanden sein, wie z. B. für die Übersetzung von Dokumenten, können Sie dies ebenfalls unter Punkt 7.3.3 angeben.

Das Gericht fordert den Beklagten auf, Stellung zu dem Fall zu nehmen. Hierfür wird das Formblatt C verwendet.

Der Beklagte hat daraufhin 30 Tage Zeit zur Abgabe einer Stellungnahme. Hierfür muss er den zweiten Teil des Formblatts C verwenden.

Lässt der Beklagte die Frist ungenutzt verstreichen, urteilt das Gericht in der Sache.

Ist Ihre Forderung begründet, gewinnen Sie den Prozess. Andernfalls weist das Gericht Ihre Klage zurück.

Nimmt der Beklagte innerhalb der Frist in der Sache Stellung, lässt Ihnen das Gericht hiervon eine Kopie zukommen und führt, falls erforderlich, eine Beweisaufnahme durch.

Dabei kommen folgende Möglichkeiten in Betracht:

  • Schriftliche Zeugenaussagen.
  • Schriftliche Aussagen von Sachverständigen.
  • Schriftliche Parteivernehmung.
  • Beweisaufnahme über eine Videokonferenz.
  • Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine mündliche Verhandlung in den Räumlichkeiten des Gerichts anberaumt wird.

 

Wenn Sie das Formular nicht richtig ausgefüllt haben

In diesem Fall wird Sie das Gericht unter anderem auffordern, das Formblatt zu vervollständigen, zu korrigieren, weitere Angaben zu machen oder Unterlagen vorzulegen.

Hierfür verwendet das Gericht das Formblatt B. Außerdem setzt Ihnen das Gericht eine Frist.

Kommen Sie der Aufforderung nicht innerhalb dieser Frist nach, wird das Gericht Ihre Klage abweisen, wenn es Sie vorab über diese Folge informiert hat.

Der Beklagte zahlt nicht oder verweigert die Warenlieferung, obwohl Sie den Prozess gewonnen haben?

In dem Fall sollten Sie bei dem Gericht das Formblatt D beantragen und sich z. B. an einen Gerichtsvollzieher in dem Staat wenden, in dem Sie das Urteil vollstrecken lassen wollen.

Reichen Sie dort eine Ausfertigung des Urteils sowie das Formblatt D ein (gegebenenfalls mit einer Übersetzung des Dokuments in der Amtssprache des Staates).

Bedenken Sie: Der Beklagte kann in bestimmten Fällen die Überprüfung des Urteils verlangen, insbesondere bei bestimmten Fehlern im Zusammenhang mit der Zustellung der Dokumente, aber auch, wenn der Beklagte wegen höherer Gewalt nicht in der Lage war, die vom Gericht gesetzte Frist einzuhalten.

Darüber hinaus regelt jeder Mitgliedstaat, ob Rechtsmittel gegen das Urteil - wie zum Beispiel die Berufung - eingelegt werden können.

SOLVIT: Hilfe bei Binnenmarktverletzungen durch Behörden

SOLVIT ist ein kostenloser Dienst der nationalen Behörden in allen EU-Ländern sowie Island, Liechtenstein und Norwegen und versucht Ihr Problem innerhalb von 10 Wochen zu lösen, gerechnet ab dem Tag, an dem die SOLVIT-Stelle in dem Land, in dem Ihr Problem entstanden ist, Ihren Fall angenommen hat.

Wenn Sie als EU-Bürger/-in oder als Unternehmen in einem anderen Land mit zusätzlichen Hindernissen konfrontiert werden, weil sich eine Behörde nicht an EU-Recht hält, dann kann Ihnen SOLVIT weiterhelfen.

Im Abschnitt: außergerichtliche Streitbeilegung erklären wir Ihnen, wie SOLVIT funktioniert.